Frau Rehnelt, wenn man, wie Sie, seit über 40 Jahren im Metier ist, hat man doch bestimmt so ziemlich alles erlebt?
Liesel Rehnelt: Ich habe natürlich schon viel in meinem Berufsleben gesehen und kann auch die eine oder andere Anekdote zum Besten geben. Von diesen gemachten Erfahrungen profitiere ich – und mit mir natürlich auch meine Kunden – bei jeder neuen Aktion.

Das heißt: Sie haben einen Weg gefunden, Räumungsaktionen und Geschäftsauflösungen erfolgreich umzusetzen?
Liesel Rehnelt: Erfolgreich auf jeden Fall – aber es gibt eben nicht den einen, den goldenen Weg. Aber sicherlich meinen persönlichen. Jede Situation ist neu, ich kann sie aber aus meiner Erfahrung heraus besser deuten. Dann die erfolgversprechenden Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen, ich denke, dass dieses individuelle Herangehen eines meiner Erfolgsrezepte ist.

Große Mitbewerber am Markt fahren zum Teil eine ganze Maschinerie auf, Sie sind eher Einzelkämpferin. Was kann Ihr Kunde erwarten, wenn er Sie beauftragt?
Liesel Rehnelt: Zunächst mal einhundert Prozent von mir. Denn wenn ich einen Auftrag übernehme, bin ich persönlich und mit vollem Einsatz vor Ort dabei. Wenn ich Unterstützung bei der Umsetzung benötige – versierte Verkäufer oder eine Marketingagentur zum Beispiel – dann bin ich da natürlich perfekt vernetzt. Aber viel wichtiger ist erstmal, gemeinsam mit dem Auftraggeber den Ist-Zustand zu ermitteln, gemeinsame Ziele zu definieren. Erst dann schauen wir, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um diese Ziele auch zu erreichen. Von einem Schubladen-System halte ich da gar nichts!

Welche Faktoren spielen denn dann die entscheidenden Rollen?
Liesel Rehnelt: Neben dem absoluten Fachwissen aus der Branche in erster Linie Empathie. Ein Räumungsverkauf, noch viel mehr eine Geschäftsaufgabe, ist immer auch eine sehr emotionale Angelegenheit. Ganz unabhängig davon, ob finanzielle Gründe oder etwa das Alter der Inhaber Grund für die Entscheidung sind. Gerade im Möbelhandel steckt oft sehr viel Herzblut in Unternehmen. Diesen Abschnitt so zu managen, dass nicht nur der finanzielle Erfolg am Ende steht, sondern sich – ganz profan – die Menschen in ihrer Heimat danach auch noch in der Gesellschaft „sehen lassen“ können, da braucht es oft viel Fingerspitzengefühl. Wir wollen ja keine verbrannte Erde zurücklassen!

Trotzdem gehen häufig auch langjährige Arbeitsplätze mit der Schließung verloren. Die Stimmung im Laden spielt dann bestimmt eine besondere Rolle?
Liesel Rehnelt: Das ist ja für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie schön. Aber wenn die Belegschaft jetzt auf stur schaltet oder sogar gegen den Inhaber schießt, wird ein Erfolg umso schwieriger. Auch da ist es wichtig, dass ich persönlich vor Ort bin, erkläre, motiviere und auch selbst mit anpacke!

Wie genau läuft das dann ab, wenn Ihre Unterstützung angefragt wird?
Liesel Rehnelt: Wie genau kann man eben nicht sagen, weil es immer ein individuelles Aufgabengebiet ist, das es zu bewältigen gibt. Aber generell wird erstmal reiner Tisch gemacht: Wie sehen die Zahlen aus? Wie ist das Unternehmen insgesamt aufgestellt? Wie steht es um den Warenbestand? Kann das Sortiment ergänzt werden, um den Sonderverkauf zu unterstützen? Was wurde bislang seitens des Unternehmens getan? Erst dann werden die Ziele definiert. Und die sind nicht nur rein finanzieller Natur. Welche Baustellen gibt es zu beheben, welche Wogen zu glätten? Was sagen die Banken? Welche Zeitschiene geben wir uns vor? Welches realistische Ergebnis können wir unter diesen Voraussetzungen erzielen? Und: Was passiert nach Ende der Aktion? Wenn wir diese Fragen gemeinsam positiv beantwortet haben, machen wir uns an die Umsetzung der Maßnahmen nach einem exakten Businessplan. Und den dokumentiere ich für meine Auftraggeber täglich. Gerade in solch sensiblen Phasen ist totale Offenheit und Transparenz ganz wichtig.

Und auch mal die „harte Hand“, die einem „kölschen Mädchen“, das Sie ja sind, nachgesagt wird?
Liesel Rehnelt: Sagen wir mal: die klare Ansage, das ehrliche Wort. Das ist manchmal wirklich wichtig. Aber genauso auch das In-den-Arm-nehmen, manchmal das Trösten, das mMotivieren und immer das Zuhören!

Ihre Familie hat ja schon eine Art Dynastie im Möbelhandel begründet. Wie hat sich Ihre Aufgabe in den letzten Jahrzehnten verändert?
Liesel Rehnelt: Jede Zeit hat ihre Besonderheiten. Ich habe ja die Nach-Wendezeit schon aktiv erlebt, als viele aus dem Westen im Osten mit Möbelhäusern das schnelle Geld machen wollten und dann nach 15 bis 20 Jahren wieder verschwanden. Danach die Umstrukturierung, die durch die Expansion der Flächengiganten den Mittelbau des Möbelhandels fast gänzlich zerstört habt. Und nun die Phase, in der sich auch die alteingesessenen inhabergeführten Fachhäuser mit hochwertigem Sortiment gegen die Großen und vermehrt auch den Internethandel wehren müssen – manche haben leider keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen.

Und die sind Ihr Spezialgebiet?
Liesel Rehnelt: Es stimmt schon, Ramschläden und Billigsortimente, das ist nicht meine Welt. Ich liebe schöne Dinge, Möbel sind da ganz weit vorne. Und davon verstehe ich auch etwas! Ich bin eben nicht nur die Kauffrau, die als eine Art Betriebswirtin nur in die Bücher schaut, sondern auch Verkäuferin mit Leidenschaft. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher: Wer diese Leidenschaft für die wunderschöne Kommode, die formvollendete Sitzgarnitur oder den fein gearbeiteten Wandschrank nicht hat, wer die Details nicht sieht und die Dekoration nicht schätzt, der kann in diesem Markt nicht glaubwürdig – und damit auch nicht erfolgreich agieren!

Man kennt Sie aber auch als Expertin für Antiquitäten. Haushaltsauflösungen sind ein weiterer Schwerpunkt. Und sogar Seniorenberatung ist auf Ihrer Website als Leistung aufgeführt. Reicht Ihnen der Möbel-Räumungsverkauf nicht?
Liesel Rehnelt: Warum sollte ich mich einschränken lassen? Und warum sollte ich mein Fachwissen nicht auch in anderen Bereichen anwenden? Und nicht zuletzt: Warum sollte ich nicht tun dürfen, was mir eine besondere Freude bereitet? Meine Expertise im Möbelhandel ist unbestritten und sogar dort hilft mir mein zusätzliches Wissen um Werte. Ob es sich um Antiquitäten oder hochwertige Neuware handelt, spielt da nur eine zweite Rolle. Ein Gemälde, Porzellan, Schmuck oder eine antike Truhe wertschätzen zu können, das hat mich sehr geprägt. Wenn ich mit diesem Erfahrungsschatz Senioren helfen kann, die sich zum Beispiel verkleinern möchten, ist das für mich eine sehr erfüllende Aufgabe. Und wenn es für Erben im Fall der Fälle zu wissen hilft, welcher Wert der Nachlass hat – und wie man diesen erzielen kann – ist dann schon wieder sehr nah am Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe im Möbelhandel!